Local Food Stories

Getränke

Von der eigenen Scholle leben

Les Vergers de Kerdaniel
#apfelmost #apfelsaft #frankreich

Als Jaques’s Vater starb, stand er und seine Familie vor einer schwierigen Entscheidung. Sie lebten zu diesem Zeitpunkt schon viele Jahre in Südfrankreich, wo Jaques Kerdaniel als Winzer auf einem grossen Weingut arbeitete. Der elterliche Betrieb in der Bretagne hingegen war seit den 1980er Jahren nicht mehr produktiv. Das meiste Land war verpachtet und die Parzellen auf denen die alten Apfelbäume standen, mit Unkraut überwuchert.

Die Familie Kerdaniel entschied sich schlussendlich, dem Süden und damit dem Weinanbau den Rücken zu kehren, um sich der Wiederbelebung des alten Gutbetriebes und damit der Apfelsaftproduktion zu widmen. Für Jaques und seine Frau Alix bot die Situation nämlich die einmalige Chance, ihren Traum zu leben: «Auf und von der eigenen Scholle zu leben.» Und dies im Rhythmus der Jahreszeiten, im Gleichgewicht mit der Natur und mit viel Freiraum, um das gemeinsame Familienleben mit den Kindern geniessen zu können.

Start in ein neues Leben

Doch was romantisch tönt, war zu Beginn auch mit viel Unsicherheiten und Arbeit verbunden. «Zuerst mussten wir die drei Gebäude renovieren und auf zwei Hektaren Brachland neue Apfelbäume anpflanzen», erzählt Jaques Kerdaniel. Zudem galt es die bestehenden Pachtverträge zu kündigen, damit auch auf diesen Flächen Apfelbäume gepflanzt werden können. «Im ersten Jahr verarbeiteten wir bloss von zehn eigenen Bäumen die Früchte», erinnert sich Alix. Eine zu kleine Menge, um davon genügend Most beziehungsweise Apfelsaft zu produzieren. Deshalb pflegen die Kerdaniels zusätzlich die ungenutzten Apfelbäume auf Nachbarbetrieben. Damit können sie die Jahre überbrücken, bis die neugepflanzten Bäume genügend eigene Früchte abwerfen. 

À l’ouest l’Eden

In der Zwischenzeit konnte die jährliche Produktion von 3000 auf rund 18’000 Flaschen gesteigert werden, die unter dem eigenen Label «à l’ouest l’Eden» verkauft werden. Das Sortiment umfasst sowohl einen Apfelsaft mit, als auch einen ohne Kohlensäure. Zudem produziert Jaques einen alkoholhaltigen Most. Trotz der kontinuierlichen Vergrösserung der Anbauflächen bleibt etwas gleich: «Wir setzen keinerlei Chemikalien ein. Weder spritzen wir die Bäume, noch setzen wir dem Most Sulfite zu.» Und die Äpfel werden von Hand geerntet. Die Verbundenheit zur Natur und Region zeigt sich auch in der Auswahl der Apfelsorten. «Wir arbeiten vorwiegend mit alten, regionalen Sorten wie beispielsweise Guillevic, Fil rouge et jaune, Peau de chien», erklärt Jaques.

Getrennte Pressung

Als ehemaliger Winzer kennt er die entscheidenden Faktoren, die es neben der Pflege zu beachten gibt, um ein qualitativ hochstehendes Produkt herzustellen. «Grundsätzlich kann man entweder die Äpfel verschiedener Sorten vor dem Pressen mischen. Da jede Sorte einen leicht anderen Reifezeitpunkt hat, ziehen wir es vor, die Früchte zeitlich gestaffelt zu pressen und erst in einem weiteren Schritt mit dem Saft anderer Sorten zu mischen», erklärt Jaques. Der für den Most bestimmten Apfelsaft gärt über den Winter. Nach der Abfüllung in Flaschen beginnt dann eine zweite Fermentation. Neben der naturnahen Produktion liegt den Kerdaniels noch etwas am Herzen: Sie wollen ihre Produkte nicht selber als Händler auf lokalen Märkten anbieten. Sie ziehen es vor, den Besuchern der Bretagne ihren Betrieb, ihre Philosophie und ihre Produkte im schönen Keller vorzustellen.