Local Food Stories

Backwaren & Desserts

Süsse Versuchung

Tristan Chocolatier Suisse
#patisserie #schokolade #schweiz

Mit dem Öffnen der Tür zu Tristan Carbonattos Reich tritt man in eine andere Welt ein. Eine wundersam entschleunigte Welt. Dies mag daran liegen, dass alle Sinne gefordert sind: Die Nase füllt sich mit wundervollen Düften von Kakao, über geröstete Nüsse bis hin zu Vanille, während das Licht die Verpackungen der einzelnen Schokoladekreationen sanft funkeln lässt. Am stärksten kommt jedoch der Geschmackssinn zum Zug. Die Besucher des kleinen Ladens haben nämlich die Möglichkeit, von den einzelnen Schokoladesorten zu probieren. 

Transparenz und Vertrauen ins eigene Können

Während uns der Meister-Chocolatier Tristan Carbonatto in die neben der kleinen Boutique liegenden Produktionsräume führt, erzählt er: «Als ich mein Geschäft vor 20 Jahren begann, umfasste das Sortiment gerade mal zehn Schokolade-kreationen. Heute sind es rund 160.» Zu Beginn arbeitete der Romand mit tatkräftiger Unterstützung seines Vaters mitten in Bougy-Villars, einem kleinen Dorf zwischen Lausanne und Genf. 
Mit dem kontinuierlichen Wachstum des Unternehmens ging auch ein steigender Platzbedarf einher. Tristan musste immer mehr einzelne Räume in verschiedenen Gebäuden mieten – auf Dauer eine unpraktische Situation. Der Confiseur entschied sich deshalb letztes Jahr, am Fusse der pittoresken Weinberge in Perroy ein neues Gebäude zu bauen, in dem Lager, Produktion und der Verkaufsladen unter einem Dach vereint sind und das den aktuell fünfzehn Mitarbeitenden genügend Platz zum Arbeiten bietet. Markant an diesem Neubau sind die vielen grossen Fenster. «Unsere Kunden sollen jederzeit sehen können, wie wir arbeiten.» 
Keine Angst, dass diese Transparenz von der Konkurrenz ausgenutzt werden könnte? «Überhaupt nicht. So einfach lassen sich meine Kreationen auch nicht kopieren», gibt sich Tristan gelassen und fügt lachend an: «Die Rezepte sind sicher in meinem Kopf und im Tresor abgelegt.» Der Experte vertraut ganz und gar auf sein Können und Erfahrung.

Von Hand und mit Herz produziert

In der Zwischenzeit sind wir auf unserer Führung im «laboratoire» angekommen, in dem geschäftiges Treiben herrscht. Während an einem Tisch Schokolademasse auf grosse Bleche gegossen wird, schneidet ein Mitarbeiter mit einem speziellen Werkzeug grosse Schokoladetafeln in handliche Quadrate. Am Nebentisch schnitzt ein Confiseur ein Hirschgeweih, welches etwas später an den bereits fertig geformten Tierkörper aus Schokolade montiert werden soll. «Solche individuellen Bestellungen erhalten wir fast täglich», erklärt Tristan.

Die Auftraggeber sind neben Privatpersonen auch Unternehmen, welche ihren Kunden beispielsweise mit speziellen Pralinen ein unverwechselbares Geschenk machen möchten. Den Kundenwünschen sind dabei fast keine Grenzen gesetzt. Ausser: «Wenn eine Geschmackskombination für mich nicht stimmt, stelle ich sie auch nicht her.» Als Beispiel erzählt Tristan von einer Dame, die sich Schokolade-Roquefort-Pralinen wünschte. Ein No-Go für den Meister-Chocolatier. Dank seinem Fachwissen und mit Hilfe seines Charmes konnte er die Kundin dann von einer anderen Kombination überzeugen.
Etwas sucht man im «laboratoire»  vergeblich: Maschinen. Einzig ein kupfernes Rührwerk dreht surrend vor sich hin. «Bei uns wird alles von Hand gemacht. Bei Bedarf entwickle ich sogar eigene Werkzeuge», erzählt der Schweizer. Neben den Maschinen fehlen auch Tiefkühler. «Bei uns wird nichts tiefgefroren. Sämtliche Produkte sind tagesfrisch, ohne Konservierungs- und Farbstoffe», betont der Meister. 

Frische Zutaten als Inspirationsquelle

Und wo holt sich Tristan Carbonatto Inspirationen für die Weiterentwicklung seines Sortiments? «Viele Ideen kommen über meine internationale Kundschaft», erzählt Tristan. So bringen Kunden immer wieder Zutaten aus ihrer Heimat, mit dem Wunsch, dass Tristan diese in eine neue Kreation einbezieht. Eine weitere Inspirationsquelle sind die Besuche bei Händlern und Produzenten in anderen Ländern. Hier kauft Tristan nicht nur die Zutaten direkt bei den «Personen seines Vertrauens», er entdeckt über sie auch immer wieder neue Produkte, wie kürzlich Pili-Nüsse von den Philippinen, die er künftig nutzen möchte. 
Zurück in seinem Büro lässt uns Tristan frische Pinienkerne und Mandeln probieren, die er einen Tag zuvor bei einem spanischen Produzenten kaufte. Der Chocolatier schwärmt: «Solche mit viel Liebe und Leidenschaft produzierten Zutaten befeuern meine Kreativität und spornen mich immer wieder an, Neues zu probieren.» 

Die Produktion ist und bleibt Chefsache

Trotz allen Innovationen bleibt eines gleich: «Die Qualität sämtlicher Produkte muss tagtäglich unseren hohen Qualitätsansprüchen genügen.» Dazu zählen viele Aspekte wie Geschmack, Konsistenz, Textur bis hin zum Aussehen des fertigen Produkts. Und damit die Qualität auf diesem hohen Niveau bleibt, will Tristan seine aktive Rolle im Entwickeln neuer Rezepte auf keinen Fall gegen einen Platz hinter einem Schreibtisch tauschen: «Ich bleibe Handwerker und werde nicht zum Unternehmer.» Die logische Konsequenz: Tristan will weder weitere Läden eröffnen, noch den Onlinehandel ausbauen. Sogar auf Werbung verzichtet der Chocolatier. Denn: «Die einzig gute Werbung ist die Mund-zu-Mund-Propaganda zufriedener Kunden.» 
Wer Tristan Carbonattos Kreationen mit allen Sinnen erfahren will, bleibt somit nur ein Besuch in Perroy, am schönen Genfersee. Ein Besuch, der sich auf alle Fälle lohnt. Denn wo sonst kann man in eine süsse Welt eintauchen, in der sogar die Zeit langsamer zu vergehen scheint.