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Sardische Revolution im Bienenstock

Asphodel - l'Isola del Bio
#honig #sardinien

Diese Geschichte führt uns in den Nordosten Sardiniens. Wir haben die Hauptstrasse zwischen Olbia und Orosei verlassen und fahren auf einer unbefestigten Strasse durch die wilde Natur. Jetzt im Frühsommer zeigt sich die Vegetation in ihrer vollen Pracht. Das saftige Grün der Büsche bildet die ideale Bühne für diverse blühenden Pflanzen. In dieser Umgebung treffen wir auf unsere Interviewpartner Maurizio Pitzolu und Gianbattista Coccolone. Gianbattista wohnt hier und seine Bienenstöcke befinden sich auf einer nahegelegenen Weide.

Biologische Honigproduktion

Von aussen betrachtet, erkennt man keinen Unterschied zu den Bienenstöcken rund um den Globus. Doch Maurizio erläutert die «inneren» Werte: «Wir setzen vollständig auf eine biologische Honigproduktion.» Heisst konkret: Kompletter Verzicht auf Chemikalien zur Gesunderhaltung der Bienen und Platzierung der Bienenstöcke in Gegenden, in denen keine intensive Landwirtschaft betrieben wird, um eine Kontamination des Honigs mit Pestiziden und Herbiziden so gut wie möglich zu verhindern. Zudem verzichten die Imker auf eine künstliche Fütterung der Bienen: «Wir lassen den Insekten immer genügend ihres eigenen Honigs zur Nahrung.»

Ein kompletter Neustart

Mit diesem Vorgehen unterscheiden sich die Maurizio und seine Kollegen klar von der konventionellen Bienenhaltung. Doch wie kam es zu dieser Idee? Maurizio und Gianbattista gehören zu einer stetig wachsenden Gruppe von jungen Männern (Frauen liessen sich bislang noch nicht für das Projekt begeistern), welche die fortschreitende Umweltverschmutzung und das damit einhergehende Insektensterben auf den Plan gerufen hat. Kennengelernt haben sich die Jungimker bei verschiedenen Kursen. Denn alle hatten bisher keine Erfahrung mit der Bienenhaltung. Für sie stand jedoch fest: «Wenn wir etwas grundlegend Neues erreichen wollen, ist es besser, sich nicht mit langjährigen Imkern zusammenzuschliessen, die sich nicht getrauen, die Bienenhaltung grundlegend zu verändern.» Mit einer Ausnahme: Der 60-jährige Stefano Furini beschäftigt sich seit seiner Kindheit mit Bienen. Furini hat in seiner Heimat Norditalien selbst erfahren, dass sich eine Bienenhaltung mit konventionellen Methoden nicht mehr lohnt und zudem nicht mehr zeitgemäss ist.

Die Gründung von «Asphodel»

Die enthusiastischen Imker entschlossen sich im Jahr 2020, sich zur Gemeinschaft «Asphodel – l’Isola del Bio» zusammenzuschliessen. (Der Name Asphodel kommt von der gleichnamigen Pflanzengattung, die auf Sardinien weitverbreitet ist und welche den Bienen vor allem im Frühjahr als Nahrungsquelle dient.) Ihr Credo fasst Maurizio zusammen: «Bei uns steht die Gesundheit der Bienen an erster Stelle.» Zudem möchten die Jungunternehmer ihren Kunden qualitativ hochstehende Produkte anbieten und ihnen die Möglichkeit geben, mehr über die biologische Bienenhaltung auf Sardinien zu erfahren.

Teamarbeit als Voraussetzung

Damit sich alle Mitglieder an die Richtlinien halten, haben sie einen entsprechenden Verhaltenskodex und einen Ethikpakt unterzeichnet. Zudem besuchen sie sich regelmässig gegenseitig, begutachten die Bienenstöcke ihrer Kollegen, tauschen Erfahrungen aus und helfen sich gegenseitig bei der Arbeit. Denn: «Biologische Bienenhaltung bedeutet Mehrarbeit.» Nicht nur für die Honigproduktion werden viele Hände benötigt. Auch die Bekämpfung des grössten Feindes der Bienen ist arbeitsintensiv. Maurizio erklärt: «Die Varoa Milben befallen und schädigen die Brut. In der Folge kann so ein ganzes Bienenvolk ausgelöscht werden.» Bei der Milbenbekämpfung kommen in der biologischen Bienenhaltung anstelle von Chemikalien verschiedene biomechanische Methoden und biologische Säuren zum Einsatz. Zudem suchen sich die Imker von Asphodel Gegenden aus, in denen möglichst wenige andere Imker tätig sind, da die Übertragung der Milben auch von Biene zu Biene erfolgen kann.

Hartumkämpfter Markt

Man spürt den Enthusiasmus, welche die jungen Männer verbindet. Doch die Bienenhaltung soll nicht bloss ein im besten Fall kostendeckendes Hobby sein. «Wir möchten langfristig unsere Produkte gewinnbringend vermarkten», betont Maurizio. Der Weg dahin wird steinig. Denn die angestammten sardischen Honigproduzenten stehen den jungen Imker skeptisch gegenüber. Zudem ist der italienische Markt hart umkämpft. Die Händler sind nicht bereit, den Mehrpreis, den die viele Handarbeit verursacht, zu bezahlen. Interessanterweise kommen die meisten Kunden des Online-Shops der Gemeinschaft derzeit aus den USA und Japan.
Die Asphodel-Imker wollen nun in einem nächsten Schritt ihre Betriebe den Touristen zugänglich machen und sie vor Ort über die Bedeutung der Bienen für uns Menschen und das Produkt Honig informieren. Zudem können die Besucher die verschiedenen Honigsorten vor Ort probieren und kaufen.

Bitterhonig – ein Geschmackserlebnis

Auch wir bekommen die Gelegenheit, den für Sardinien typischen Bitterhonig zu probieren. Bis zu diesem Zeitpunkt gingen wir davon aus, schon alle Geschmacksrichtungen, welche europäische Lebensmittel bieten, zu kennen. Doch weit gefehlt: Der Geschmack des Bitterhonigs ist absolut einzigartig und schwer zu beschreiben – «salzig-süss-bitter» trifft wohl am besten. «Diesen Honig gewinnen wir im Oktober und November, wenn die Bienen die Blüten des Erdbeerbaumes bestäuben», erklärt der Imker. Diese Pflanzengattung kommt in Europa nur im Mittelmeerraum vor. Aufgrund der klimatischen Verhältnisse kann davon jedoch nur auf Sardinien, Korsika und in der Toskana Honig gewonnen werden. Der Bitterhonig wird seit Jahrhunderten in der traditionellen sardischen Küche verwendet. Weitere schmackhafte Honigsorten runden das Asphodel-Sortiment ab. Wer seine Geschmacksknospen verwöhnen will, ist gut beraten, die verschiedenen Honige von Asphodel zu probieren und sich so ein Stück der wunderschönen Insel an den Frühstückstisch zu holen.

Aktuelles Sortiment (Stand Sommer 22)

Lidone            Erdbeerbaumhonig

Abioi               Lavendelhonig

Matta              Honig verschiedener Büsche

Bardu              Distelhonig

Amura             Brombeerhonig

Ocarittu          Eucalyptushonig