«Ich will Papst werden.»
Gli Aromi Sicily
#italien #nudeln #saucen
Vor bald 20 Jahren hatte Enrico Russino beim Autofahren einen Gedankenblitz: Kapern statt Auberginen, Gewürze statt Orangen. Dies konnte die Lösung seines Problems sein. Denn für den Agronomen stand fest: Er musste den Familienbetrieb aus der Sackgasse der Massenproduktion von Gemüse und Früchten führen. Zu gross war und ist die Konkurrenz in Sizilien und damit die finanzielle Abhängigkeit vom Preisdruck der Grosshändler. «Die meisten dieser Betriebe werden sich nie weiterentwickeln», ist der Agronom Russino auch heute noch überzeugt. Denn: «Dazu braucht es Mut und ein innovatives Konzept». Und beides hatte Enrico. Seine Eltern und Geschwister liessen sich rasch von der Idee, den Familienbetrieb auf die Produktion von Gewürze umzustellen, überzeugen.
Zurück zu den eigenen Wurzeln
Die Familie Russino besann sich dabei auf ihre sizilianischen Wurzeln und damit auf die Küche der Insel. Diese wurde in letzten 3000 Jahren stark von den verschiedensten Herrschern geprägt. So finden sich noch heute in der sizilianischen Küche Einflüsse der Griechen, Römer, aber auch Araber. Und: «Wilde Pflanzen und Gewürze spielen in unserer Küche eine zentrale Rolle.» Also lag es für die Russinos nahe, sich auf den Anbau und die Verarbeitung heimischer Gewürze zu spezialisieren. Wobei Enrico betont: «Wir sehen die Gewürzpflanze nicht einfach als dekoratives Accessoir in einem Küchengarten, sondern wollen auch ihren Kontext zur Umgebung mitaufnehmen». So stand denn auch der Kapernstrauch, der in Sizilien in den Spalten der Steinhäuser und Einfriedungen wächst, bis heute im Mittelpunkt des Betriebes. Mit den Kapern und einigen wenigen heimischen Gewürzen begannen die Russinos Produkte zu kreieren, die sie an Gastronomen in Sizilien lieferte. Doch dabei blieb es nicht: «Heute pflanzen wir auf unserem Betrieb über 200 verschieden Gewürzsorten an.» Von Thymian über Rosmarin, Salbei bis hin zu Heiligen- und Currykraut.
Erfolgreiches Konzept
Dass dieses Konzept die richtige Entscheidung für die Familie Russino war, zeigt sich auch im geschäftlichen Erfolg: «Wir beliefern nicht nur Restaurants in Italien und Sizilien». Auch Privatpersonen weltweit sind auf die Produzenten aufmerksam geworden und beziehen über den Online-Shop die hauseigenen Produkte. Diese sind übrigens längst nicht mehr nur Gewürz- und Salzmischungen wie zu Beginn der neuen Ära. Heute bieten die Russions unter dem Label «GliAromi» auch hausgemachte Pastasauce, Teigwaren mit Gewürzaromen und weitere regionale Produkte an. Doch neben diesem kommerziellen Aspekt legt die Familie Russino auch grossen Wert auf die Bewahrung des Wissens rund um die sizilianische Gewürztradition viel Wert. So bietet sie geführte Touren durch den Betrieb an, bei denen die Gästen viel Wissenswertes über die wichtigsten Gewürzpflanzen erfahren. «Uns besuchen pro Jahr rund 2500 Schülerinnen und Schüler aus ganz Italien, um über unser kulinarisches Erbe zu erfahren», erzählt der Sizilianer stolz. Doch auch immer mehr Touristen erfahren von dem Betrieb und wollen während ihren Ferien in die Welt der Gerüche und Geschmäcker der Insel tauchen. Obwohl Enrico den Grossteil dieser Führungen noch selber macht, spürt man noch immer den grossen Enthusiasmus, mit dem er und seine Familie vor so vielen Jahren einen Neustart gewagt haben. Und auf die Frage, wo er denn seinen Familienbetrieb in fünf Jahren sieht, meint er lachend: «Heute bin ich bloss ein Priester. Aber ich will Papst werden.»